Das österreichische Parlament hat am 4. April 2020 das dritte Sammelgesetz zu COVID-19 beschlossen. Das Gesetzespaket umfasst 85 Gesetzesänderungen und sieben neue Gesetze in drei Sammelnovellen (3. COVID-19-Gesetz, 4. COVID-19-Gesetz und 5. COVID-19-Gesetz). Die neuen Gesetze wurden am 4. April 2020 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht (BGBI. I Nr. 23/2020, 24/2020 und 25/2020).
Die budgetär weitreichendste Maßnahme ist die Aufstockung des COVID-19- Krisenbewältigungsfonds von EUR 4 Mrd. auf EUR 28 Mrd. Darin enthalten ist die Dotierung des Härtefallfonds für Kleinstunternehmen, EPUs, freie Dienstnehmer und bestimmte Non-Profit-Organisationen, die von EUR 1 Mrd. auf EUR 2 Mrd. aufgestockt wird (auch sogenannte „Neue Selbständige“ zählen nun zum Adressatenkreis). Leistungen an Landwirte werden über die Agrarmarkt Austria (AMA) abgewickelt. Durch eine Änderung des Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetzes wird mittels Verordnungsermächtigung sichergestellt, dass ausreichend Mittel für das COVID-Kurzarbeitsmodell zur Verfügung stehen. Die Obergrenze von EUR 1 Mrd. entfällt. Dazu kommen noch EUR 10 Mrd. für Steuerstundungen und die Herabsetzung von Steuervorauszahlungen, womit das gesamte Hilfspaket EUR 38 Mrd. umfasst.
Es folgt ein Überblick über wesentliche gesetzliche Änderungen:
Corona-Hilfsfonds für Unternehmen mit EUR 15 Mrd. ausgestattet
Mit Änderung des ABBAG-Gesetzes (Bundesgesetz über die Einrichtung einer Abbaubeteiligungsaktiengesellschaft des Bundes) wurde die COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) als Hilfsfonds für größere Unternehmen gegründet und mit EUR 15 Mrd. ausgestattet, um kapital- und liquiditätsstützende Maßnahmen für die Wirtschaft zu erbringen.
Steuerliche Änderungen (§ 124b EStG):
- Zulagen und Bonuszahlungen, die aufgrund der COVID-19-Krise zusätzlich geleistet werden, sind im Kalenderjahr 2020 bis zu EUR 3.000,00 steuerfrei. Es muss sich um zusätzliche Zahlungen handeln, die ausschließlich zu diesem Zweck geleistet werden und üblicherweise bisher nicht gewährt wurden. Sie erhöhen nicht das Jahressechstel gemäß § 67 Abs. 2 EStG und werden nicht auf das Jahressechstel angerechnet. Soweit Zulagen und Bonuszahlungen nicht erfasst werden, sind sie nach dem Tarif zu versteuern. Diese Zahlungen und Bonuszahlungen gelten nicht als Entgelt für Zwecke der Sozialversicherung.
- Das Pendlerpauschale wird auch bei vorübergehendem Teleworking oder temporärer Kurzarbeit weiter gewährt.
- Ärzte, die ihre Praxis aufgegeben haben und während der COVID-19-Pandemie wieder berufstätig werden, sollen keine steuerlichen Nachteile erleiden (kein Verlust des Hälftesteuersatzes).
- Im Einkommensteuergesetz wird klargestellt, dass Zuwendungen aus dem Krisenbewältigungsfonds (u. a. auch für Kurzarbeit), dem Härtefallfonds und dem Corona-Krisenfonds sowie vergleichbare Zuwendungen der Länder, Gemeinden und gesetzlichen Interessenvertretungen, die zur Bewältigung der Corona-Krise geleistet werden, steuerfrei sind.
- Die Reorganisation der Finanzverwaltung wird um ein halbes Jahr auf den
1. Jänner 2021 verschoben.
Vorübergehende Sonderregelungen für Arbeitsunfälle im Home-Office
Vorübergehende Sonderregelungen im ASVG und im Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz stellen sicher, dass Unfälle, die sich im Home-Office ereignen, als Arbeitsunfälle gelten und zwar unabhängig davon, ob man zu Hause ein abgegrenztes Arbeitszimmer hat oder nicht. Die Bestimmungen sind auf die Zeit der Corona-Krise begrenzt.
Sonderbetreuungszeit für pflegebedürftige Angehörige
Die mit dem ersten COVID-19-Gesetz eingeführte Sonderbetreuungszeit für minderjährige Kinder kann mit dem Arbeitgeber auch dann vereinbart werden, wenn im Rahmen der 24-Stunden-Betreuung eine Betreuungskraft ausfällt und die bzw. der Beschäftigte die Pflege des bzw. der Angehörigen übernimmt. Der Staat übernimmt in diesem Fall ein Drittel der Lohnkosten. Jede Form von Sonderbetreuungszeit wird mit 31. Mai 2020 befristet.
Mietverträge dürfen wegen Mietrückständen vorübergehend nicht aufgelöst werden
Die Kündigung von Mietverträgen wegen eines Mietzinsrückstands aus den
Monaten April, Mai und Juni 2020 in Folge der Pandemie wird vorläufig ausgeschlossen. Vermieter können den Zahlungsrückstand bis 31. Dezember 2020 nicht gerichtlich einfordern oder aus einer vom Mieter übergebenen Kaution abdecken.
Weiterhin bestehen bleibt das Recht des Vermieters, den Mietvertrag wegen anderer Gründe zu kündigen. Räumungsexekutionen werden aufgeschoben. Darüber hinaus können befristete Wohnungsmietverträge, die nach dem 30. März 2020 und vor dem 1. Juli 2020 ablaufen, bis Jahresende verlängert werden.
Erleichterung für private Kreditnehmer und Kleinstunternehmer
Für Verbraucherkreditverträge und Kredite an Kleinstunternehmen, die vor dem
15. März 2020 abgeschlossen wurden gilt, dass Ansprüche des Kreditgebers auf Rückzahlung, Zins- oder Tilgungsleistungen, die zwischen 1. April 2020 und
30. Juni 2020 fällig werden, mit Fälligkeit für drei Monate gesetzlich gestundet werden. Voraussetzung ist, dass der Verbraucher aufgrund der durch die Ausbreitung der COVID-19-Pandemie hervorgerufenen außergewöhnlichen Verhältnisse Einkommensausfälle hat, die dazu führen, dass ihm die Erbringung der geschuldeten Leistung nicht zumutbar ist (bei Kleinstunternehmen, dass eine Leistung ohne Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlagen seines Erwerbsbetriebs nicht möglich wäre). Soweit der Kreditnehmer die Zahlungen vertragsgemäß weiter leistet, gilt die Stundung als nicht erfolgt. Alle Vertragsparteien können abweichende Regelungen treffen.
Verzugszinsen für sämtliche Vertragsverhältnisse, die in dem von der Pandemie besonders betroffenen Zeitraum vom 1. April 2020 bis zum Ende des Monats
Juni 2020 fällig werden, sind auf das gesetzliche Zinsausmaß von 4 % p.a. beschränkt. Konventionalstrafen sind nicht zu entrichten, wenn wegen der durch die COVID-19-Pandemie verursachten Beschränkungen das Erwerbsleben unmöglich wird.
Anpassungen im Bereich der Gerichtsgebühren
Die Erhöhung der Gerichtsgebühren wird ausgesetzt. COVID-19-Unterhaltsvorschussentscheidungen werden von der Gebührenpflicht befreit. Pfandrechtliche Kreditbesicherungen im Zusammenhang mit dem Hilfspaket zur Unterstützung der Wirtschaft werden von den Eintragungsgebühren befreit.
Transparenzdatenbank mit allen COVID-19 Leistungen
Um einen Überblick über aufgrund der Corona-Krise gewährten Leistungen zu erhalten, sollen alle Förderungen wie Geldzuwendungen, Darlehen, Haftungen und Sachleistungen in die Transparenzdatenbank eingetragen werden.
Gesellschaftsrecht (Änderungen des Gesellschaftsrechtlichen COVID-19- Gesetzes)
Versammlungen von Gesellschaftern und Organmitgliedern einer Kapitalgesellschaft, einer Personengesellschaft, einer Genossenschaft, einer Privatstiftung, eines Vereins, eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit, eines kleinen Versicherungsvereins oder einer Sparkasse sollen künftig auch ohne physische Anwesenheit der Teilnehmer durchgeführt und Beschlüsse auch auf schriftliche Weise gefasst werden können.
Die Frist zur Aufstellung des Jahresabschlusses von fünf Monaten in § 222 Abs. 1 UGB kann wegen COVID-19 um bis zu vier Monate überschritten werden. Die Frist zur Offenlegung von Jahresabschlüssen gem. § 277 UGB von neun Monaten wird wegen COVID-19 auf zwölf Monate nach dem Bilanzstichtag verlängert (jeweils anzuwenden auf Fristen, die am 16. März 2020 noch nicht abgelaufen waren).